für Paul
13. September - 29. November 2020
Lange bevor der Mensch eine Sprache hatte, bedeutete für ihn die sinnliche Wahrnehmung die Grundvoraussetzung seiner Existenz und ein Gedächtnis dieser Erfahrungen war Bedingung einer menschlichen Entwicklung. Diese über Jahrtausende dauernde Praxis hat sich im Menschen als Grundstruktur im Unterbewusstsein manifestiert. Die Bilderwelt unserer Vorfahren kann uns auf diesem Weg der Speicherung erhalten geblieben sein.
Ich bin ein Mensch, der in Bildern denkt und im Laufe des Lebens aufgrund meiner Veranlagung ein hohes Maß an Sensibilität für „wirkliche“ Bilder entwickelt hat. Es sind Dinge, die immer mit dem wesentlichen Anliegen des Menschseins verbunden sind. Über den Malprozess kann eine Verbindung zu den tieferen Schichten des Unterbewusstseins hergestellt werden uns so können verschlüsselte Inhalte in Form eines Bildes sichtbar werden. Am leichtesten aber dort, wo die äußerlichen Einflüsse über Jahrtausende nicht sichtbar sind – wie im Gebirge und am Meer. In diesen Bildinhalten sind die archaischen Elemente auch heute noch für jeden erkennbar, was vielleicht auch die Sehnsucht der Menschen nach Wasser und Gebirge, nach Urbildern, erklärt.
In diesem Kontext kann der Mensch nur dunkel und schemenhaft wie in Träumen erscheinen, weshalb die Darstellung des Menschen in meinen Bildern auch nie über diesen Zustand hinausgeht. In Anlehnung an diese Gedanken erklärt sich für mich auch das Zitat von Gerhard Richter: Man muss mehr malen, als man weiß. (Kilian Lipp)
Die Auseinandersetzung mit der Gestalt der menschlichen Figur steht im Zentrum der bildnerischen Arbeit von Julia Hiemer. Die zumeist aus frischen Holzstämmen gearbeiteten Figuren verbildlichen allgemeingültige Haltungen in individueller Form. Ihre Skulpturen reichen vom genau definierten Porträt, Charakter und eindeutigen Aussagen bis hin zu fast abstrakten Darstellungen, die sich auflösen in Form und Farbe.